Über Wasser
für Englischhorn, Fagott, Viola und Gitarre (neue Version)
Über Wasser für Englischhorn, Fagott, Viola und Gitarre (nach einem Bild von Paul Klee aus dem Jahre 1933)
Das beinahe monochrome, grau-grüne Bild entstand 1933 nach Paul Klees Entlassung als Professor an der Akademie in Düsseldorf durch die Nationalsozialisten (im Januar desselben Jahres hatte die Machtergreifung Hitlers stattgefunden). Die Verunsicherung des Malers, der sich knapp „über Wasser“ halten konnte, ist gross, er ist als „entarteter Künstler“ eingestuft worden und wird geächtet.
Die Sprache des Bildes ist mehr als eindeutig: Eine schwarze Sonne schwebt über dem dunklen Wasser. Darüber watet eine verunsicherte (Engels?)figur, die sich nur durch eine hastige (Flug?)bewegung vor dem Ertrinken retten kann. Die schwarze Sonne kann auch als Kopf des Wesens gedeutet werden. Beim Abschiednehmen im Kollegenkreis bemerkte Klee lapidar: „hier riecht es nach Leichen, ich ziehe mich in die Schweiz zurück“ und verliess Düsseldorf Hals über Kopf, sein ganzes Oeuvre zurücklassend, noch im selben Jahr.
Entsprechend der düsteren Stimmung im Bild beginnt das Stück mit einer „sprachlosen Konfusion“. Tonlos erzeugen Klappen- und Klopfgeräusche eine unheimliche Klangwelt, die von einer atemlosen Suche nach einem Ausweg abgelöst wird. Verschiedene Versuche schlagen fehl, bis die Richtung durch einen einzigen, wiederholt von allen Instrumenten angespielten Ton vorgegeben wird. Aus dem beruhigenden Liegeton entwickelt sich eine kleine Elegie, ein Klagegesang der vom Englischhorn intoniert wird. Die sich einstellende Resignation wird am Ende durch eine sanfte Gitarrenmeditation abgelöst. Der Künstler schöpft Hoffnung, in der alten Heimat, der Schweiz, der damaligen „Insel der Freiheit“, ein neues Leben beginnen zu können.
J-L.D.